Projekte 2013

Neues Museum für Bienen Budapest

Alle mögen ungarische Salami und Gulasch. Ungarns Umgang mit der Demokratie wird dagegen von seinen Nachbarn weniger geschätzt. Seitdem Herr Orban die Regierungsgeschäfte in Ungarn leitet, ist der Transformationsprozess des Landes hin zu einer Demokratie ins Stocken geraden. In diese instabile politische Wetterlage hinein konzipierte die "gruppe finger" drei neue Räume für das Neue Museum für Bienen (NMB), die sich mit Demokratie aus der Perspektive der Bienen auseinandersetzten (Können sich Räume mit etwas auseinandersetzen??) Eingeladen wurde die Gruppe von der ungarisch-österreichischen Kuratorin Katalin Erdődi. Aufstellungsort für die zwei Museumsräume war die Terrasse an der Rückseite des Kunstmuseums Budapest, das kurz zuvor von der konservativen Regierung für die Ziele ihrer nationalen Kunstpolitik vereinnahmt wurde.

Drei Räume des "Neuen Museums für Bienen" in Budapest
Drei Räume des "Neuen Museums für Bienen" in Budapest

Von hier aus konnten die Bienen einen weitläufigen Park befliegen, ohne die Besucherströme am Haupteingang zu sehr zu beunruhigen. Denn die Aufstellung von Bienen war in ungarischen Städten bisher verboten und daher war war das mediale und öffentliche Interesse an den ersten offiziellen Stadtbienen in Budapest umso größer.

Besonders die Gründung einer neuen "gemischten Bienengruppe" in Budapest, als Teil des Ausstellungsprojektes erfreute sich regen Zuspruchs. Von den über achtzig Bewerbern konnte am Ende leider nur die Hälfte betreut werden. Dabei reichte der Teilnehmerkreis von Anfängern bis zu erfahrenen Imkern, die dankenswerterweise im Nachgang bis heute die Betreuung der neuen Stadtimker übernommen haben.
Die einzelnen Ausstellungsräume standen unter den Titeln: Sollen wir sie essen?, Sind Bienen die besseren Demokraten? und Treten Sie der gemischten Bienengruppe bei !

Blick in den Museumsraum: Sollen wir Sie essen?
Blick in den Museumsraum: Sollen wir Sie essen?

Sollen wir sie essen?

In eine Wahlurne aus Plexiglas konnten die menschlichen Besucher ihr Votum durch einen weißen Zettel mit JA und einen roten Zettel mit NEIN abgeben. Das Ja stand für die Zustimmung einer Empfehlung der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen. Im Mai 2013 veröffentlichte die FAO eine neue Studie, in der die Rolle der Insekten für die menschliche Ernährung und als Tierfutter hervorgehoben wird. Sowohl die in der Natur gesammelten Insekten, als auch die auf speziellen Farmen gezüchteten Insekten, stellen eine Alternative zu der CO2-intensiven Zucht von Rindern und Schweinen dar. Es wird geschätzt, dass bereits heute der Verzehr von Insekten-Eiweiß auf dem Speiseplan von mehr als zwei Milliarden Menschen stehen. Wie zu erwarten, stimmte der Großteil der Besucher für NEIN, ein Votum dem die Bienen beim Beflug ihres Museums beiwohnen konnten.

Um den Besuchern die Gelegenheit zu geben selbst einmal Bienenlarven zu essen organisierte die "gruppe finger" einen öffentlichen Bienen-Barbecue. Hier konnten sich die Testesser selbst ein Bild von der Delikatesse Bienenmade machen. Um dabei dem Gedanken der Nachhaltigkeit verpflichtet zu bleiben, verkochte die Künstlergruppe ausschließlich männliche Drohnen-Brut, die als imkerliche Maßnahme zur Bekämpfung des Parasites Varroamilbe regelmäßig dem Bienenstock entzogen werden.

Bienen Barbecue
Bienen Barbecue

Sind Bienen die besseren Demokraten?

Mit dieser Frage beschäftigte sich der Museumsraum, der dem US amerikanischen Bienenforscher Thomas Seeley gewidmet war. Aufbauend auf den Arbeiten der Verhaltensforscher Karl von Frisch (Nobelpreis1973 für die Entdeckung des Bienentanzes) und seines Schülers Martin Lindauer forschte Seeley über die Kommunikation und Entscheidungsprozesse im Bienenvolk. Er fand dabei heraus, dass sogenannte Scoutbienen auf der Schwarmtraube, also auf der Oberfläche des gesamten Bienenorganismus mittels des Bienentanzes für die beste Nisthöhle warben. Dabei standen die Scoutbienen in direkter Konkurrenz zueinander, denn jede Scoutbiene war (ist?) der Meinung, den besten Nistplatz gefunden zu haben. Nach den über den Bienentanz übermittelten Informationen der Scoutbienen setzte auf der Schwarmtraube ein komplizierter Entscheidungsprozess ein, in dem das gesamte Bienenvolk involviert war und an dessem Ende der Bienenschwarm immer die optimalste Nisthöhle anflog, was Seeley durch seine Experimente nachwies.

Aus der Perspektive des Menschen interpretierte Seeley diesen Entscheidungsprozess als demokratisch und stellte dazu die These seiner fünf "swarm smarts" auf. Mit diesem demokratischen Entscheidungsprozess konfrontierte die Künstlergruppe die Bienen durch eine aus Plastikbienen zusammengesetzte künstliche Schwarmtraube auf der die Scoutbienen, wie bei den Experimenten von Thomas Seeley durch unterschiedliche farbliche Farbpunkte sichtbar gemacht wurden.

Blick in den Ausstellungsraum: Sind Bienen die besseren Demokraten
Blick in den Ausstellungsraum: Sind Bienen die besseren Demokraten

Treten Sie der "Gemischten Bienengruppe" bei!

In diesem Museumsraum wird das Konzept der gemischten Bienengruppe vorgestellt in der Teilnehmer, die sich in prekären Lebenssituationen befinden gemeinsam mit Teilnehmern aus der Nachbarschaft oder mit Menschen, die von der gemischten Bienengruppe vom hören und sagen erfahren haben sich der "Poesie der Landschaft", wie die Imkerei auch genannt wird zu widmen. Bei den regelmäßigen wöchentlichen Treffen werden alle Teilnehmer mit dem Leben des Biens (<- sagt man das so??) und der imkerlichen Praxis bekannt gemacht. Während für die einen die Imkerei ein Gegengewicht zu ihrem beruflichen Alltag bildet, zählt für die anderen die Perspektive, sich die Imkerei als ökonomische Nische anzueignen. Darüber hinaus bietet die gemischte Bienengruppe die Möglichkeit das eigene Verhältnis zur Arbeit neu zu bestimmen.

Download Budapest Bee Journal (PDF, 3 MB)

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